04.03.2016

Wie kommt man zum Bau einer “Mataro”, 35 Jahre nach deren Erscheinen?

Ich bin weder ein absoluter Fan der Epoche I wie mein Freund Carlos von Burghausen Bahn, aber für unsere Ausstellung, letzte Weihnachten, habe ich mir von meinem ebenfalls Freund Juanma eine „Mataro“ ausgeliehen. Mir gefiel die Maschine, von der Firma Model-Loco aus den achtziger Jahren, aber das war es dann (zunächst) auch.

Um der Erinnerung auf den Sprung zu helfen: Die Mataro war für Spanien so etwas wie der Adler für Deutschland, die Zuglok der ersten Eisenbahn der spanischen Halbinsel, eröffnet am 28.10.1848 zwischen Barcelona und dem Badeort „Mataro“ (daher der Name!) . Ähnlich wie beim Adler wurde das Original schon recht bald verschrottet, genau genommen 1873. Und ebenfalls ähnlich wie beim Adler fiel der spanischen Eisenbahngesellschaft RENFE im Vorfeld der Vorbereitungen zur Hundertjahrfeier der spanischen Eisenbahn 1948 auf dass man ja gar keine Lok hatte um dies gebührend zu feiern. Also wurde wie beim Adler schnell eine Kopie des Originals gebaut! Dies geschah im Jahr 1948 durch die in Barcelona ansässige Lokomotivfabrik „La Maquinista Terrestre y Marítima” nach originalen Zeichnungen der Lok von 1848, die damals von der Company Jones & Pot en Warrington/England hergestellt wurde.

 

Lokomotivmodell "Mataro" von Model-Loco von meinem Freund Juanma



Nun, das Schicksal wollte dass ich letztes Jahr auf einem Modellbahnmarkt in Sebastian auf dem Tisch eines französischen Händlers einen Metallbausatz der Mataro entdeckte, von der englischen Firma Keyser, auch so etwa aus den Anfängen der achtziger Jahre. Der Bausatz war auf den ersten Blick recht komplett, es schienen keine wichtigen Teile auf den eingeschweißten Blistern zu fehlen. Nach kurzer Verhandlung war der Bausatz für nur 30 Euro mein, denn mir gefiel die Idee für wenig Geld meine Sammlung von der spanischen Eisenbahn zu vervollständigen, also nahm ich ihn mit nach Hause.



Deckel der originalen Schachtel des Mataro-Bausatzes von Keyser.

 

Weihnachten 2015 verging, auch die Ausstellung ging vorbei, auch der „Kater“ nach beiden Ereignissen, und so fing ich im Frühjahr 2016 mit dem Bausatz an. Um jeglichen Zweifel von vornherein auszuräumen sei hier gesagt dass die Bausätze von Keyser nicht mit denen von Model-Loco zu vergleichen waren, denn die letzteren kamen mit passgenauen Teilen und Motorisierung (damals von Tenshodo!!), während der Keyser-Kit (ohne Motor) wohl eher für die Vitrine gedacht war.

So habe ich vor dem Beginn der Montage etliche Zeit damit verbracht alle Grate des Gießprozesses zu beseitigen und die Teile passgenau zu machen. Für alle Arbeiten verfügte ich über eine gute Referenz, in Form der Model-Loco-Lok.  

 

Foto von einem der originalen Blister des Keyser-Bausatzes 


Nachdem einmal alle Teile aus dem Blister entfernt waren habe ich im Vergleich mit der dem Bausatz beiliegenden Stückliste festgestellt dass ein kleines rundes Plastikdöschen fehlte, welches offensichtlich alle Stahlteile enthalten sollte: Alle Achsen für die Lok und den Tender und alle Schrauben, etc..

Nach einem kurzen Tobsuchtsanfall merkte ich schnell dass das gar nicht so schlimm war, denn alle Achsen außer der Antriebsachse sollten 2 Millimeter Durchmesser haben, also nichts Ungewöhnliches! Lediglich die Antriebsachse erforderte eine Speziallösung, denn zum einen war der Achsdurchmesser mit 3,2 mm etwas ungewöhnlich, und zum anderen war die Achse auf beiden Seiten abgeflacht, um 90º versetzt um den einwandfreien Versatz von 90º der Treibzapfen für die Antriebsräder zu gewährleisten.

Nach erfolgloser Suche in der Restekiste und der Feststellung dass Nägel nicht taugen weil diese nicht 100prozentig rund sind, kam mir die rettende Idee: Ein Stahlbohrer von 3,2 mm Durchmesser wurde geopfert, und die Abflachung der Wellenenden habe ich mit dem Dremel relativ schnell hergestellt.

 

Antriebsachse aus Bohrerstahl von 3,2 mm Durchmesser, mit abgeflachten Wellenenden.

 

Beim Zusammenbau des Fahrgestells fiel mir dann auf dass wohl auch die Buchsen fehlten, in welchen die Achsen im Fahrgestell laufen sollten. Ich bin mir hier nicht ganz sicher, aber die sollen beim Keyser-Bausatz wohl aus Plastik gewesen sein, was mich im Hinblick auf einen möglichen Fahrbetrieb mit der Maschine wenig überzeugt hat. Hinzu kam dass die Öffnungen im Fahrgestell trotz sorgfältiger Montage weder fluchteten noch den gleichen Achsabstand aufwiesen - so viel zu den Fertigungstoleranzen der Bauteile!

Also, was tun?

Nun, ich habe mich recht schnell für das Ausbuchsen mit Messingrohr entschieden, das ist nicht besonders schwierig und ist haltbar! Buchsen für Achsdurchmesser 2 sind leicht zu haben, denn es gibt Messingrohr mit Innendurchmesser 2 im Bastelgeschäft. Ich hatte sogar noch Material vom Bau der Garrat übrig (siehe ältere Einträge in meinem Blog). Etwas schwieriger zu machen ist die Buchse für die Treibachse, aber es gibt auch Messingrohr mit Innendurchmesser 3, und mit einem Bohrer von 3,3 mm Durchmesser weitet man behutsam den Innendurchmesser des Messingröhrchens auf.

Dazu spannt man das Röhrchen so im Schraubstock ein dass in etwa eine Achslänge übersteht, und erst nach dem Aufweiten sägt man die so gewonnene Buchse auf die gewünschte Länge ab. Die Länge der Buchsen feilte ich alle auf exakt 13,9 mm, da der innere Spurkranzabstand für Märklin etwa 14,0 mm haben soll. Gleichstromfreunde verzeihen mir hier bitte den Märklin-Virus der mir schon anhaftet seit ich 6 Jahre alt war, und längen für sich die Buchsen auf 14,2 mm ab um einen einwandfreien Lauf der Gleichstromachsen mit 14,3 bis 14,4 mm Spurkranzabstand auf allen anderen Gleissystemen zu gewährleisten.

 

Blick auf das Fahrgestell mit den Messingbuchsen. Gut sichtbar auch das Spiel der Treibachse.

 

Nimmt man nun die ebene Unterseite des Fahrgestells als Referenz, sind die Öffnungen im Fahrgestell auf den Außendurchmesser der Buchsen zu vergrößern, und zwar so dass die Buchsen in Höhe und Abstand fluchten. Da man dies manuell kaum hinbekommt habe ich mir folgendermaßen geholfen: Man klebe das Fahrgestell in der richtigen Höhe auf eine ebene Fläche oder auf ein ebenes gerades Gleisstück. Man mache die Bohrungen etwas grösser als die Buchsen. Man montiere die vordere und hintere Stützachse so dass die Räder auf der ebenen Fläche oder auf dem Gleis stehen. Man stelle visuell den Achsabstand parallel und im rechten Winkel zum Fahrgestell ein. Nun fixiere man die Buchsen mit Zweikomponentenkleber in ihrer Position. Das Resultat ist erfreulich, alle vier Räder stehen auf dem Gleis auf ohne dass das Fahrgestell „kippelt“!

Die Treibachse wird erst 24 Stunden später montiert, wenn  der Zweikomponentenkleber ausgehärtet ist. Um eine Anpassung der Treibachse an Unebenheiten im Gleis und deren gute Kurvengängigkeit zu erzielen erlauben wir ca. 5 Zehntel Höhen- und Seitenspiel. Die steht somit im Fahrgestell jederzeit auf dem Gleis auf.

Noch habe ich nicht über eine Motorisierung nachgedacht, aber ich schließe diese für die Zukunft nicht aus, denn Platz für einen kleine Motor ist vorhanden!

Für die Räder des Tenders habe ich nicht lange herumgetan, denn ich fand in der Restekiste passende Speichenachsen im richtigen Durchmesser die ich lediglich schwarz lackieren musste. Die Keyser-Räder wandern in die Restekiste.

 

Der Tender der Lok mit bereits montierten Radsätzen


Alle Teile aus dem weichen und zerbrechlichem Keyser-Material zu montieren ist eine echte Aufgabe, umso mehr wegen der grossen Toleranzen. Mehrfach habe ich die Teile aus dem Blister erst anpassen müssen um sie winklig und symmetrisch montieren zu können.

In der Anleitung von Keyser wird gepredigt dass man die Teile entweder löten oder mit Zweikomponentenkleber kleben kann. Das mit dem Löten habe ich vorsichtshalber an ein paar Spritzlingsresten probiert, zum Glück, denn die Teile haben sich trotz vorsichtiger Erhitzung schlagartig komplett verflüssigt. Also habe ich vom Löten Abstand genommen um keine wertvollen Formteile zu gefährden.

Die Teile positionsgenau zu verkleben ist aber auch nicht einfach, denn die Minuten bis zum ersten Anziehen des Klebers kommen einem ewig vor. Ich half mir mit verschiedenen Klammern und habe ein ganz respektables Ergebnis erzielt.

Der Tender diente mir als erster Prüfstein, und mit dem dort gewonnenen Selbstbewusstsein machte ich mich danach an die Lok heran. Denkt man an eine möglich zukünftige Motorisierung des Modells sollte mann das Fahrgestell vom Aufbau trennen können. Das macht die Sache kompliziert, denn keines der windigen Fahrgestellteile darf mit dem Aufbau verklebt werden, aber der Aufbau muss zur Erzielung einer guten Passgenauigkeit auf dem Fahrgestell montiert werden.

Deswegen habe ich die Rauchkammer, den Umlauf und den Kessel mit provisorischen Schrauben auf dem Fahrgestell fixiert und angepasst. Erst nach stimmiger Anordnung der drei Teile habe ich selbige mit dem Epoxikleber verklebt. Bevor man nun weitermacht ist es notwendig en Kleber 24 Stunden aushärten zu lassen. Der fertig verklebte Aufbau dient nun als Träger und Referenz für alle weiteren Teile der Lok.


Aufbau der Lok auf dem Fahrgestell montiert. Die Mittelachse der Treibräder dient als Referenz (siehe Markierung). Gut zu sehen die vordere Schraube. Zur idealen Justierung des vorderen Teils des Umlaufes sollte dieser erst nach Montage der vorderen Pufferbohle mit dem Lokomotivkessel verklebt werden. 


Seitenansicht des Modells. Extrem wichtig ist die korrekte Position der Treibräder in der halbrunden Aussparung des Lokkessels. 


Details wie der Schornstein, der Sanddom und Stirnwand der Feuerbüchse werden erst danach verklebt. Versteckt in der Feuerbüchste, hinter dem Messing-Windschild wurde im Zweikomponentenkleber eine Mutter M2,5 verklebt die fortan als hintere Gehäusebefestigung dient. 


Der fertig montierte Tender, bereits für die Lackierung präpariert, wurde vorsichtig mit einer Messingbürste poliert, entfettet und mit Zaponlack gebeizt. 

Blick von oben in den bereits schwarz lackierten Kohlenkasten. 

Erste Rollprüfung auf dem Gleis. Wie man sieht harmoniert die Höhe der Plattformen von Lok und Tender ganz gut!


Während die Teile der Lok aushärten kann man bereits alle Kleinteile behandeln und lackieren.


Ebenfalls eine pingelige Arbeit ist die Montage der Pufferbohle der Lok. Dazu muss zunächst der Lokaufbau korrekt justiert auf dem Fahrgestell befestigt werden, wobei uns nun die Schrauben sehr helfen.
Die Pufferbohle setzt auf dem Vorderteil des Fahrgestells auf, darf aber nicht mit diesem verklebt werden, sondern nur mit dem Aufbau. Um jedweden Kontakt zu vermeiden habe ich eine hauchdünne Plastikfolie von einer Brotzeittüte dazwischengelegt. Zusätzlich muss die Pufferbohle rechts und  links mit den seitlichen Fahrwerksträgern verbunden werden, die unter den Zylindern herausragen, und mit Trägerblechen zur Verbindung mit der Rauchkammer. Letztere montieren wir aber erst ganz am Schluss.
 

Beim Verkleben sind folgende Punkte zu beachten: 

- Gute Zentrierung der Pufferbohle über dem vorderen Fahrwerksträger

- Gute Anpassung der seitlichen Fahrwerksträger

- Symmetrischer Abstand zwischen Pufferbohle und den beiden Zylindern


In meinem Fall musste ich einen der seitlichen Fahrwerksträger und seine Aufnahme in der Pufferbohle etwas nacharbeiten, wiederum wegen der groben Toleranzen der Teile.

Wenn nun alles passt und alle Finger voller Klebstoff sind lässt man des Werk wieder 24 Stunden ruhen.

Nach dem ersten Anziehen des Klebers, nach etwa einer halben Stunde, lassen sich Kleberreste noch ganz gut mit einem Zahnstocher entfernen (aber ohne Krafteinwirkungaud die frisch verklebten Teile!).


Die Lokomotive mit der bereits montierten und lackierten Pufferbohle.


Nach Ablauf der 24 Stunden können die Trägerbleche zwischen der Pufferbohle und der Rauchkammer montiert werden. Die präzise Arbeit vom Vortag hat sich gelohnt, denn dies ist jetzt ein Kinderspiel. Auch nutzen wir den Augenblick (und den angemachten Kleber) zur Montage der Puffer an Lok und Tender sowie der seitlichen Wände zum Schutz des Lokführers.

Während die Arbeit an der Lok nun wieder 24 Stunden ruht (Geduld ist eine Tugend...), wende ich mich der Lackierung des Tenders zu. In der originalen Anleitung von Keyser wird Humbrol 101 als idealer Farbton empfohlen. Den habe ich auch ausprobiert, aber die Farbe hat mich im Vergleich mit Fotos von der Originalmaschine nicht überzeugt. Besser macht sich Humbrol 131, an sich die gleiche Farbe in Seidenmatt, wirkt aber völlig anders. Für die Pufferbohlen und andere rote Details kam Humbrol 19 zum Einsatz, für alle schwarzen Teile Humbrol 85, ebenfalls Seidenmatt. Um eine gute Deckung zu erzielen sind zwei Anstriche notwendig. 


Der grün lackierte Tender mit bereits ebefalls lackierte Pufferbohle und montierten Puffern


Das Keyser-Modell sieht im Gegensatz zum Model-Loco Bausatz keine Zugstreben am Tender vor. Da die Originalmaschine über diese Zugstreben zwischen den Tenderachsen verfügt habe ich diese aus 1 mm starkem Messingrohr nachgebaut und mit dem Zweikomponentenkleber montiert. 


Der Kohlenkasten ist fertig für seine Beladung.

Nachdem nun die Pufferbohle mit dem Aufbau der Lok und allen Trägern verklebt ist können auch die seitlichen Umläufe mit der Rauchkammer und die Radhäuser für die Treibräder mit dem Kessel verklebt werden. Dabei ist es wichtig sehr sauber zu arbeiten, denn der Abstand der Räder zum Radhaus ist recht knapp. Im Falle einer Verklebung der Räder ist es geboten den Aufbau nach etwa einer halben Stunde zu lösen und die Räder und das Innere der Radhäuser von störenden Kleberresten zu befreien.   


Die Lok mit den fertig montierten Radhäusern über den Treibrädern. 


Zweite Rollprüfung auf dem Gleis

Was jetzt noch an Arbeit aussteht ist die Lackierung der Lok und die Montaje von allen Kleinteilen, wie z. B. Loklaternen, Handläufe, Regler, etc..
Und dem Fahrgestell fehlt noch die Steuerung, aber dazu kommen wir später noch.

Bald werde ich über den weiteren Fortschritt der Arbeiten berichten.

Meinen Lesern wünsche ich einen guten Start in 2017!

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